HörArt!
Der Ursprung
Die Sammellust begann im Jahre 1962 in Hamburg. Mit seinen unzähligen Schätzen in den Läden dort am Hafen und in Sankt Pauli, wo Matrosen die wundersamsten Gegenstände aus aller Welt zu Geld machten. . . - der perfekte Ort! - und Lübeck.
Beide Eltern studierten in Salzburg am Mozarteum und eben in Lübeck bekam mein Vater sein erstes Engagement an der Oper. Später ging er mit Kurt Horres an das Wuppertaler Opernhaus. Kurz darauf erblickte ich das Licht der Welt. So wurde Wuppertal meine Geburts- und Heimatstadt.
1962 flatterte das erste exotische Instrument in unser Heim. Keiner ahnte zu dieser Zeit, dass dies die Geburtsstunde meines Arbeitsplatzes, dem schönsten auf Gottes Erden, werden würde. Es war die afrikanische Affenfelltrommel. Ein zweites Instrument gesellte sich bald dazu und noch eins und noch eins. . . Unsere kleine Wohnung füllte sich zusehends, aber unmerklich. Die Wände waren wesentlicher Bestandteil, dort nämlich hingen sie und auch der Platz unter dem Flügel, oder auf Schränken. . . der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Für uns Kinder waren die Besuche in diversen Geschäften mit derlei Instrumenten und der dort vorhandenen Ausstrahlung der verschiedenen Kulturen, spannend, aufregend und hin und wieder auch etwas gruselig.
Eines Tages war es soweit: meine Eltern hatten mich infiziert. Wie zuvor schon erwähnt, gibt es heute nichts schöneres für mich, als dieses kleine Museum. Überall wo ich bin, zu welcher Zeit auch immer, durchzieht mich eine Freude und Neugier an Neuem und Unbekanntem. Oft sind es Klänge und Rhythmen, die für unser Ohr und Verständnis derart ungewohnt sind, dass wir stutzen, kurz inne halten um uns einzuhören, einzufühlen, in diese meist fern liegende Welt - physisch geografisch und ebenso seelisch und geistig.
Sei es der Duft der aufgetürmten und farbenprächtigen Gewürze in einem tunesischen Suq, oder die scheinbar niemals enden wollende Mopedschlange in Vietnam, aufdringliche oder sich äußerst zurückhaltende Menschen, Blicke, der Gang, das Klima, Hunde, Kühe, Esel auf der Straße (Müll fressend), prächtige Tempel und Paläste in Indien - daneben unfassbare Armut, ein pochendes Musikfestival in Jodhpur (der blauen Stadt in Indien), ein nicht zu glauben (wirklich) überfülltes Musikgeschäft in Vietnam, winzig und chaotisch - mein Paradies... - all diese Eindrücke und viele mehr, nahm ich in mein Herz, meine Seele auf und bekam dadurch ein wundervolles Bild der Länder. Nicht die tausenden Fotos sind es, die diese Reisen wertvoll machten, es sind die tiefen Erinnerungen, die mich durchfuhren, erschütterten und glücklich machten. Überall fand ich Musikinstrumente und brachte sie freudig heim, mit all den Geschichten. . .
Der Umzug
Der zweite Abschnitt des Museums stand bevor - in Form eines Umzugs. Aus unseren privaten Räumen wurden die bis dato gesammelten Instrumente in eine alte, ausgediente und nach verschiedenen Vorbesitzern für die Aktivitäten meiner Eltern frei gewordenen Schule übersiedelt. Es gab nicht nur Musikunterricht in diesem Haus: Theateraufführungen, Feste, Tagungen, Instrumentenbaukurse, Matineen... und nicht zuletzt einen großen Garten und einen bauernhofanmutenden Tierbestand. In der ‚Blütezeit' waren es 60 Tiere, die neben Unterricht, Kindererziehung, fast täglichen -gratis erteilten- Elternblockflötenkursen zu später Stunde am Abend (130 Erwachsene in der Woche) versorgt werden mussten.
Hier, in diesem Haus, wurde die Sammlung zum Museum. Zwar war sie noch immer nicht öffentlich zu präsentieren, jedoch nutzten meine Eltern den hier schon als ‚Museum' bezeichneten Raum für ‚exotische Exkursionen' mit den Schülern, die in den angrenzenden Räumlichkeiten unterrichtet wurden. Dort sahen sie vielfältig gestaltete Instrumente, hörten Geschichten über deren Herkunft, Menschen anderer Kulturen, ihre Bedürfnisse und Bräuche, die Gegebenheiten des Alltags, ihre Landschaft, ihr Klima, kurz, ihre Lebensart und diese wurde wieder in Beziehung zu den Instrumenten gesetzt. Große Kinderaugen staunten.
Ende 1995 zog das Museum ein weiteres Mal um. Kurioserweise wieder in ein ehemaliges Schulgebäude, in die alte Volksschule. Im Juli 1997 konnten die ersten Gäste die geöffneten Türen durchschreiten. Seitdem ist es in Sankt Gilgen am Wolfgangsee in Österreich beheimatet.
Die Idee
Das Museum entstand vornehmlich durch das Interesse an Musikinstrumenten der Völker aus aller Welt und deren Kultur. Das Hervorstechende ist die Vielfalt, sowie die kunstvolle und liebevolle Ausarbeitung der einzelnen Instrumente, die von besonderer Handwerkskunst zeugen, aber auch von dem Stellenwert der Musik in allen Teilen der Länder unserer Erde. Die Fragen, woher sie kommen und wofür die Menschen sie benutzten, wie sie gebaut sind, warum in dieser Form und von wem sie gespielt wurden... sie mehren sich, je länger und intensiver die Zuwendung zu jedem einzelnen Instrument wird. Erst sind sie bloß ein Fremdkörper aus verschiedenen Materialien gefertigt, dann werden sie Freunde, bis sie irgendwann wie zu einem kleinen Heiligtum für den werden, der sie zum Klingen bringt, ihnen eine Stimme verleiht.
Unser Anliegen ist es, die Sammlung lebendig zu halten, keine ‚Musikinstrumentenleichen' in Vitrinen auszustellen. Da es für derlei Instrumente keine Lehrer in greifbarer Nähe gibt, ist es von Nöten auf anderen Wegen eine Fähigkeit auf ihnen zu erlangen. Neben intensivem Musik hören aus aller Welt und dadurch einen Zugang, ein Verständnis zu den Melodien, Tonfolgen und Rhythmen anderer Völker zu suchen und bestenfalls zu finden und empfinden zu können, gehört ein offenes Ohr für das, was das Instrument einem vermittelt. Es ist gewissermaßen der Lehrer und ich der Schüler. In dieser Lern- und Übephase kommt die Freude und Intimität zwischen Instrument und Spieler in eine nicht zu beschreibende Dimension.
Das Spiel auf diesen Instrumenten während einer Führung geschieht in einer offenen, heiteren und zum Staunen anregenden Atmosphäre. Sie erleben wohltuende, mächtige, oder exotisch anmutende Instrumente und Melodien, die Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben. Sie erfahren Geschichten zu einzelnen Exponaten, deren Herkunft, Erwerb, Gebrauch und vieles mehr.
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Haben Sie schon einmal die besonderen Reize eines vietnamesischen Knies gesehen, oder gar die, des ebenfalls aus Vietnam stammenden K’ny gehört? Beides lohnt!
Ist es der Verstärker des Klanges, das Instrument, welches der Träger der Musik ist, oder der Ton, oder die Pause zwischen den Tönen, ist es die Fingerfertigkeit des Musikers, oder sein Eintauchen in eine andere Welt? Was berührt uns auf solch eigene Art beim Hören von Musik?
Es ist für uns so selbstverständlich, dass es überall auf der Erde Musik gibt, dass Menschen Musik machen. Wir nehmen dies einfach so hin. Ist es nicht eigentlich verwunderlich, dass Musik ein Grundbedürfnis des Menschen zu sein scheint? Und ist es nicht ebenso unglaublich, dass es Instrumente auf unseren Kontinenten gibt, die das gleiche Prinzip, die gleiche Uridee in sich bergen, obgleich sie tausende Kilometer voneinander entfernt sind und hunderte, ja tausende Jahre vor dem heutigen Tage ihre Geburtsstunde hatten?
Ich, Askold zur Eck, werde Ihnen eine besondere Auswahl der tausende Exponate zählenden Sammlung zeigen, erklären und vorführen.
Zithernde Schreibmaschinentasten der Nachtigall, Klarinetten wie Bleistifte, Spazierstöcke die singen, die fröhliche Schildkröte, flexible Handgelenke, gedehnte und gebeulte Backen, gelenkige Zungen, pfeifende Samenkapseln, Schlangenhaut besaitet, eine Orgel für die Tasche, das getrommelte Maul, eine Ziegenhaut gefüllt mit Luft, die eher an ein totes Henderl erinnert, Schnecken mit mächtigem Ton, Bambus, Silber, Horn, Seide, Kürbis, Holz, Lehm, Haut, Zahn und Panzer.
Eine Entführung zu Menschen, in ferne Länder und ihre so andersartigen Bräuche, ihre Instrumente, ihre Musik, ihr Gefühl. Ich nehme Sie mit auf eine Reise der mächtigen, zarten, piepsigen, kuriosen, anmutigen, unfassbaren Gefühle, die in der Welt der Musik verborgen schlummern, bis sie erweckt werden.